News! Neue Lehrlingsstudie: Das sind die Top-Goals der jungen Generation
Die Jugend von heute will nicht arbeiten und ist faul – stimmt das wirklich?
Matthias Rohrer, Experte für Zielgruppenanalysen und Studienleiter der ÖBB Lehrlingsstudie 2023 hat sich in den letzten Monaten sehr intensiv mit der Gen Z, der Altersgruppe unserer Lehrlinge, beschäftigt. Wir haben mit ihm geredet und wollten wissen, welche Bedürfnisse die Gen Z denn hat, ob es besonders überraschende Erkenntnisse für ihn gab und welche Unterschiede es zur Lehrlingsstudie 2018 gibt.
Wieso eine Studie mit den ÖBB Lehrlingen?
Wie findet man am besten heraus, welche Wege, Motive und Beweggründe es für junge Menschen gibt, eine Lehre bei den ÖBB zu machen? In dem man die Menschen befragt, die sich dafür bereits entschieden haben. Daher haben wir im Zuge der ÖBB Lehrlingsstudie 2023 neben einem externen auch einen internen Studienteil durchgeführt. Vier Fokusgruppen an verschiedenen Ausbildungsstandorten der ÖBB und eine konzernweite quantitative Umfrage unter Lehrlingen ermöglichten es uns besser nachzuvollziehen, warum man sich für eine Lehre bei den ÖBB entschieden hat. Außerdem sollte herausgearbeitet werden, welche Touchpoints wirklich funktionieren, um die Gen Z für die ÖBB zu begeistern. Zudem lieferte uns der interne Studienteil Einblicke in das Erlebnis Lehre bei den ÖBB und somit wichtige Erkenntnisse für Verbesserungspotentiale bei der aktuellen Ausbildungsgestaltung.
Was waren die wesentlichsten Fragestellungen der Studie?
Es gab zwei zentrale Fragestellungen:
- Wie kann die Lehre für bestehende Lehrlinge und für interessierte Bewerber:innen zufriedenstellend gestaltet werden?
- Wie kann die ÖBB neue passende junge Leute für die Lehre bei den ÖBB ansprechen und begeistern?
Einerseits zielte die Studie also darauf ab zu erfahren, wie aktuelle ÖBB Lehrlinge ihre Ausbildung wahrnehmen und wo sie aus ihrer Perspektive Verbesserungspotenzial sehen. Andererseits wollten wir mehr über die Gen Z erfahren, speziell in Bezug auf ihr Informations- und Mediennutzungsverhalten, ihre Zugangswege zu Bildung und Beruf, ihre Beweggründe und Hürden im Kontext von Ausbildungs- und Berufswahl sowie ihre Erwartungen an Informationsangebote zu Ausbildung und Beruf. Diese Insights sollen nicht nur dazu beitragen, die Lehre bei den ÖBB zu optimieren, sondern auch gewährleisten, dass in der Ansprache potenzieller Lehrlinge der ÖBB auch zukünftig die richtigen Schwerpunkte gesetzt werden, um junge Menschen gezielt für eine Lehre bei den ÖBB anzusprechen und zu gewinnen.
Was sind die 3 wichtigsten Erkenntnisse?
- Die ÖBB sind mit ihrer Ausbildungsstrategie und -umsetzung auf dem richtigen Kurs.
Die Ergebnisse der Studie belegen eine hohe Zufriedenheit der Lehrlinge in Bezug auf ihre gesamte Ausbildung, den gewählten Lehrberuf und das Verhältnis zu ihren Ausbilder:innen und Vorgesetzten. Zudem kann sich ein Großteil der Lehrlinge vorstellen, ihre berufliche Zukunft bei den ÖBB zu verbringen und in ihrem erlernten Berufsfeld tätig zu werden. - Überraschung! Lehrlinge haben andere Erwartungen an Ausbildung und Beruf als oft allgemein angenommen.
Eine solide Ausbildung bildet für sie die Grundlage, um eine gesicherte Zukunft sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch im Leben allgemein zu gewährleisten. Dabei haben stabile berufliche Verhältnisse für viele sogar einen höheren Stellenwert als das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung in Ausbildung und Beruf. Ihnen ist ein harmonisches Arbeitsumfeld und ein gutes Verhältnis zu Kolleg:innen und Vorgesetzten besonders wichtig. Sie möchten nicht in einem Umfeld mit Ellenbogenmentalität tätig sein. Außerdem zeigen Lehrlinge durchaus eine hohe Bereitschaft, sich in Ausbildung und Beruf zu engagieren, legen jedoch besonders großen Wert darauf, eine klare Grenze zwischen Freizeit und Berufsleben zu ziehen. - Obwohl Social Media wie TikTok und Instagram die zentralen Medien- und Informationsplattformen bei Jugendlichen sind, weisen andere Medien und Informationsformen im Bereich der Berufs- und Ausbildungsorientierung eine höhere Relevanz auf.
Die Studie zeigt, dass vor allem soziale Kontakte und Suchmaschinen wie Google als primäre Informationsressourcen dienen. Weiters spielen diverse digitale Informationsangebote, beispielsweise vom AMS, schulbasierte Informationsangebote sowie Berufsinformationsveranstaltungen wie Messen und Schnuppertage eine zentrale Rolle. Trotzdem darf der Einfluss von Social Media in der Berufs- und Ausbildungsinformation nicht außer Acht gelassen werden. Selbst wenn sie nicht als Hauptquelle für tiefergreifende Informationen dienen, bieten sie Unternehmen wie den ÖBB einen wertvollen weiteren Touchpoint zu jungen Zielgruppen. Social Media ermöglicht es zudem, die Unternehmenskultur authentisch darzustellen und einen realistischen Eindruck vom Arbeitsalltag zu vermitteln. Das ist insbesondere für junge Menschen von Bedeutung, die Authentizität und einen direkten Einblick in ein Unternehmen besonders wertschätzen, wenn es um Ausbildungs- und Berufsentscheidungen geht.
2018 gab es schon mal eine ÖBB-Lehrlingsstudie – was hat sich verändert?
Durch die verschiedenen Krisen der letzten Jahre hat das Thema „Sicherheit“ bei jungen Menschen noch mehr an Bedeutung gewonnen, wenn es um Ausbildung und Beruf geht Iobwohl die Arbeitsmarktsituation insbesondere für junge Facharbeiter:innen, derzeit so positiv ist wie schon lange nicht mehr. Im Vergleich zu 2018, zeigen die Studienergebnisse außerdem einen klaren Trend von „Work-Life-Balance“ zu „Work-Life-Separation“. Während in den 2010er Jahren eine gute Vereinbarkeit von Freizeit bzw. Familie und Beruf im Vordergrund stand, streben junge Menschen heutzutage vermehrt eine klare Abgrenzung zwischen Freizeit bzw. Familie und Berufsleben an.
Ein Blick Richtung Zukunft: Wohin wird sich die Gen Z auch mit allen aktuellen Herausforderungen (Stichwort: Klima, Krieg und Krise) entwickeln?
Ein Blick in die Zukunft ist immer mit einer gewissen Unsicherheit verbunden, besonders wenn man bedenkt, wie schnell sich in den letzten Jahren Voraussetzungen und Rahmenbedingungen verändert haben. Dennoch lässt sich aktuell beobachten, dass die Generation Z, geprägt von den unsicheren Zeiten und zahlreichen Krisen, zu einer besonders sicherheitsorientierten Generation heranwächst. Während sie in ihrer Freizeit durchaus für Experimente und Abenteuersehr offen sind, schätzen sie in zentralen Lebensbereichen wie Ausbildung, Beruf und sozialem Umfeld geordnete und stabile Verhältnisse. Ein charakteristisches Merkmal der Gen Z ist zudem ihre starke Ausrichtung auf das Hier und Jetzt. Das ist zweifellos auch eine Reaktion auf die Krisen der letzten Jahre, die ihnen vor Augen geführt haben, dass langfristige Planungen wenig Sinn machen. Es ist aktuell anzunehmen, dass diese starke Gegenwartsorientierung in der Generation weiterhin stark verankert bleibt.
Gab es bei der jetzigen Forschung etwas besonders Überraschendes?
Sehr bemerkenswert war die Erkenntnis, wie hoch die Wertschätzung der eigenen Lehrlinge für die ÖBB als Ausbildungsbetrieb ist. Die Studienergebnisse zeigen aber natürlich auch Bereiche auf, in denen Optimierungen möglich sind. Doch diese potenziellen Verbesserungen muss man vor dem Hintergrund eines bereits sehr hohen Qualitätsstandards betrachten.